F*ck it: Ich musste erst achtzehn Webseiten bauen, um das Wichtigste zu begreifen
Webseiten faszinieren. Mehr noch, sie lassen mich nicht los. Weniger das eigentlich Schreiben der Inhalte, sondern vielmehr ihre Erstellung. Doch dabei ist mir ein folgenschwerer Fehler unterlaufen. Ich überbewertete “The Medium is the Message”.
Das führte unweigerlich dazu, dass ich mehr programmiere, als Inhalte zu generieren.
- Die Auswahl der Programme.
- Die Auswahl der Sprache.
- Das Programmieren an sich.
- Hosting.
- Pipelines bauen.
- Fehler beheben.
- Am Design rumtüfteln.
Ich habe Webseiten mit Material for mkdocs, Jekyll, Kirby, WordPress, Ghost, Obsidian Publish, Notion und Pandoc gebaut, immer mit demselben Ziel vor Augen: Dieses Mal ist das letzte Mal.
“Der Trend geht zur 19ten Website.” – Ein Freund, zu meiner 19ten Website.
Ich tüftle furchtbar gerne an Webseiten herum und habe, wie beschrieben, bereits in zig verschiedenen Programmen und Services Webseiten implementiert, immer auf der Suche nach einer sinnvollen Lösung, genauer gesagt einem sinnvollen Ansatz. Auch habe ich mich von so manchen hochtrabenden Versprechungen diverser Lösungen blenden lassen.
Manchmal hatte ich auch einfach großen Bock, etwas auf eine bestimmte Weise umzusetzen, und manchmal wollte ich etwas Simples erschaffen und habe mich dann doch in den Details verloren.
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Na Flo? Mal wieder am Webseite basteln? Bild generiert mit KI. |
Der Drang, eine Webseite zu betreiben und etwas darauf zu kommunizieren, ist also offensichtlich auf jeden Fall da.
Allerdings habe ich aber einen großen Fehler gemacht.
Ich habe mich zu sehr auf das Medium konzentriert und nicht auf die Inhalte. Das führt unter anderem dazu, dass es einige Inhalte gibt, für die ich viel Zeit aufgewendet habe, die durch den ständigen Wechsel der Werkzeuge und Anbieter im ewigen Nirwana meiner für tot erklärten Website-Konstrukte ihr Dasein als gefallene Krieger fristen. So manche Inhalte habe ich sogar verloren und habe keinen Zugriff mehr darauf.
Dennoch habe ich Lust, eine Webseite zu besitzen, auch wenn etwa die Angst vor einer Abmahnung nach wie vor etwas ist, was mich dauerhaft beschäftigt. Aber um dieses ganz eigene Thema soll es jetzt nicht gehen.
Die Frage ist doch: Worauf kommt es bei einer Webseite letztlich an?
Und: Worauf kommt es mir bei meiner Webseite letztlich an?
Ich hatte eine Phase in meinem Leben, in der es mir furchtbar wichtig war, nicht nur mit den Inhalten, sondern auch mit der technischen Umsetzung der Webseite etwas auszudrücken.
Es sollte klar werden, dass ich weiß, was ich tue. Dass ich reichlich überlege und abwäge, das jeweils richtige Werkzeug einzusetzen, um mein Problem mit so wenig wie möglich und so viel wie nötig Aufwand zu lösen.
Das ist auch an und für sich keine schlechte Überlegung, allerdings entstand dadurch das große Problem, dass ich hin und hergerissen war, welche Software, welche Herangehensweise jetzt letztendlich die richtige war, um auszudrücken, was ich als Person technisch überhaupt über mich sagen will.
Das hat dazu geführt, dass ich unzählige neue Webseiten angefangen habe.
Über das Design müssen wir gar nicht erst sprechen. Ich habe bereits früh angefangen, vor über zehn Jahren, Designs zu gestalten welche mir gefallen und die mein damaliges Ich und dessen Interessen verkörpert haben. Ich habe Minimalismus geschaffen. Ich habe versucht, fancy Animationen umzusetzen. Ich habe Pixel-Art Webseiten gestaltet, in denen ich alle Assets von Hand selbst gepixelt habe. Über Urlaubsblogs zu Technik-Blogs, hin zu persönlichen Notizen, die ich in mehreren “Personal Wikis” veröffentlicht habe, war alles dabei.
Letztendlich war aber alles nur flüchtig.
Doch warum war das so?
Ich habe mich von anderen Menschen, von “Content-Creatorn”, dazu verleiten lassen, welche Inhalte ich erzeugen sollte, überreden lassen, wie eine Website und vor allem deren Inhalt auszusehen hat.
“Twelve Reasons why you should write a blog as a software developer.” – Unzählige Webseiten & YouTube-Videos.
Ich hatte den Eindruck, ich würde unabhängig entscheiden, habe mich aber dennoch immer und immer wieder dafür entschieden, Webseiten zu gestalten die ein bestimmtes Thema haben. Technik. Urlaub. Podcast. Weil es überall so gesagt wird.
Letztendlich musste ich aber realisieren, dass ich Webseiten nicht aus dem Grund erschaffe, mich auf eine bestimmte Art und Weise darzustellen, als der coole Technik Blogger, als der Programmierer, der sein Wissen preisgibt, oder als jemand, der der Open Source Community, etwas zurückgeben will. Natürlich will ich der Open Source Community, etwas zurückgeben, natürlich will ich allen Menschen, die so großzügig waren, mit mir ihr Wissen zu teilen, etwas zurückgeben.
Der eigentliche Grund, warum ich eine Webseite haben möchte, ist: Ich möchte etwas mitteilen. Ich möchte die Dinge, die ich gelernt habe, die Dinge, die ich erfahren habe, mit anderen Teilen. Damit Leser:innen davon hoffentlich profitieren können. Es ist nicht mein Ziel, dass mich fremde durch meine Inhalte besser kennen lernen können. Sondern das Ziel ist: Ich selbst zu sein. Und das Menschen, die meine Webseite und ihre Inhalte entdecken feststellen, dass sie vielleicht in der selben Situation sind, oder in eine von mir beschriebene Situation gar nicht erst kommen möchten.
Es ist letztendlich der Aspekt des Internets meiner Jugend, den ich vermisse. Persönliche Webseiten, auf denen Menschen von sich und ihrem Leben berichten. Jenes Internet, dass heutzutage in den Untiefen von Social Media Netzwerken vergraben liegt. Netzwerke, in denen die Inhalte nicht mehr den Personen gehören, die sie schreiben. Netzwerke und Webseiten bei denen nicht mehr für sich selbst geschrieben wird, sondern für eine Audienz, wer auch immer das sein möchte.
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Wie sich die meisten Webseiten für mich anfühlen. Bild generiert mit KI. |
Es wird zielgruppenorientiert geschrieben, es wird Suchmaschinen orientiert geschrieben. Ich würde aber gerne unabhängig davon von mir erzählen.
Unabhängig von der Wirksamkeit des Inhalts. Unabhängig vom Suchmaschinen Ranking.
Ich möchte kein online Tagebuch erstellen, sondern ich möchte Erfahrungen aus allen Bereichen meines Lebens, sei es die Arbeit, seien es die Kinder, sei es meine Partnerschaft, mit anderen Teilen.
Deswegen war es notwendig, jedes Element, dass unnötig ist, um einen Text ins Internet zu stellen, von meiner Webseite zu entfernen. Meine alte Webseite gefiel mir. Sie hatte tolle Text, sie hatte Icons, sie hatte Rubriken, und sie hatte ein durchdachtes Konzept, bei dem ich mir sehr viele Gedanken gemacht habe, wie ich Inhalte kommunizieren möchte, und welche Form von Kategorisierung nicht nur den Inhalten gerecht wird, sondern auch, was ich über die Person, die diese Webseite gestaltet, sagen möchte. Letztlich war es aber dann nur eine Momentaufnahme.
Ich möchte mit meinen Webseiten keinen Umsatz machen. Das wollte ich noch nie.
Der kleinste notwendige Nenner. Eine Webseite, die Blog-Posts beinhaltet, ein paar Links zu den wichtigsten Social Media Netzwerken, und ein kurzes „Über mich.“
Mehr ist nicht notwendig.
Und mehr soll es jetzt auch erst mal nicht sein.
So manch einer mag denken, aber Flo, du kannst nicht nur mehr gestalten und mehr umsetzen, sondern du solltest dir auch Gedanken darüber machen, dass die Einfachheit deiner Webseite eventuell als etwas Negatives bewertet wird. Denn die Menschen sind mehr gewohnt. Die Menschen sind Kategorien gewohnt, sie sind Tags gewohnt, sie sind Schaltflächen wie „related posts“ gewöhnt. Das mag schon stimmen.
Aber diese Argumentation würde mich zurück dahin führen, wo ich nicht unbedingt hin will. Sie würde mich wieder zurück führen, in die Zeit in der ich Inhalte für Andere generiere.
Ich möchte mit meinen Webseiten keinen Umsatz machen. Das wollte ich noch nie. Mich interessiert es nicht einmal, wer meine Webseite besucht. Ich hoffe, dass jemand vielleicht meine Webseite besucht, und dann von meinen Erfahrungen profitiert. Aber mir geht es nicht darum, immer mehr Abonnenten aufzubauen, oder eine immer größere Reichweite zu entwickeln. Deswegen habe ich auch immer darauf geachtet, niemals Tracking einzusetzen. Denn Tracking ist, für mich und vielleicht auch ganz allgemein, unnötig.
Alles, was ich mit meiner Webseite kommunizieren möchte, sind Geschichten aus meinem Leben. Und genau dafür reicht dieser simple Rahmen.
Einen letzten Aspekt möchte ich hier noch erwähnen:
Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass ich das Internet der frühen Zweitausender Jahre vermisse. Das persönliche Web. Die Zeit, in der Menschen sich Mühe gegeben haben, persönliche Webseiten zu gestalten, die sie widerspiegeln. Die Zeit, in der jeder mit Microsoft Frontpage die weltweit hässlichste Webseite gestalten konnte. Aber es war eben seine oder ihre Webseite.
In einer Welt, in der persönliche Inhalte weggeschlossen hinter großen Netzwerken stattfinden, ist diese Realität schon etwas traurig. Aber in einer Welt, in der Inhalte nun auch noch durch künstliche Intelligenz erzeugt werden, ist es meiner Meinung nach besonders wichtig, eigene, persönliche, subjektive und vielleicht auch emotionale Inhalte zu erzeugen. Denn ansonsten verkommt das Internet zu einem großen Datenspeicher von Inhalten, die Menschlichkeit entbehren. Die nicht mehr widerspiegeln, was die Menschen fühlen, sondern von politischer Agenda getriebene Inhalte liefern oder durch künstliche Intelligenz erzeugte Artikel letztlich nur zu großen Datenmüllhalden werden.
Das Internet ist eine große Chance. Aber wie ich im Podcast öfter erwähne: Ich glaube, die Welt ist nicht bereit für das Internet.
Nicht weil ich glaube, dass die Menschen im Allgemeinen nicht dafür bereit sind. Sondern weil Entscheidungen getroffen werden, die Inhalte im Internet auf eine Art und Weise zu präsentieren, die jene eben schlichtweg unpersönlicher machen. Und weil alle es so machen, genauer gesagt weil eine riesige Suchmaschine eine gewisse standardisierte Struktur erfordert, beginnt das Internet sich immer mehr zu einem Einheitsbrei zu entwickeln. Und das möchte ich nicht.
Vielleicht räsoniert dieser Artikel mit dir. Vielleicht auch nicht. Vielleicht denkst du dir, mein Gott, der stellt sich ganz schön an. Vielleicht stimmst du mit einem Teil über ein. Vielleicht mit allen Inhalten.
Ich freue mich über Austausch bezüglich dieses Textes.
Letztlich muss aber jedem klar sein, der meine Inhalte liest, dass sie meine persönliche Meinung sind. Und dass ich diese Texte schreibe, weil ich sie eben für mich verfasse. Ich lasse mich gerne belehren, ich bin gerne offen für konstruktive Kritik. Wenn dir meine Meinung aber nicht passt, dann bitte ich dich, auf freundliche Art und Weise zu kommunizieren. Die Welt ist schon genug von Hass überrollt.
Flo